Kennst du das Gefühl, in einem Moment noch voller Ideen zu sein – und im nächsten komplett gelähmt, weil du dich mit jemandem auf Instagram, TikTok oder LinkedIn verglichen hast? Plötzlich scheint alles, was du machst, nicht mehr genug zu sein. Andere scheinen schöner, erfolgreicher, kreativer, produktiver zu sein – und du fragst dich: Warum komme ich nicht hinterher?
In diesem Blogbeitrag möchte ich genau darüber schreiben: Über das ständige Vergleichen, den Druck, den Social Media auf uns ausübt – aber auch über etwas Tieferliegendes: Wie uns diese ständige Ablenkung unsere wertvollste Ressource raubt – unsere kreative Zeit. Und darüber, warum es so schwer ist, davon loszukommen – obwohl wir es eigentlich besser wissen.
1. Der ständige Blick nach außen
Wir leben in einer Zeit, in der wir ständig sehen, was andere tun – was sie erreichen, wie sie aussehen, wo sie Urlaub machen, was sie essen und wie erfolgreich sie sind. Früher haben wir uns vielleicht mit der Nachbarin oder dem Kollegen verglichen. Heute sind es Hunderte, manchmal Tausende Menschen täglich, online, rund um die Uhr.
Social Media zeigt uns keine echte Realität, sondern inszenierte Ausschnitte. Es sind Highlights, Filter, perfekte Bildausschnitte. Doch unser Gehirn unterscheidet nicht zwischen einer authentischen Momentaufnahme und einer durchgestylten Inszenierung. So entsteht ein verzerrtes Bild: Während wir unsere unperfekten Tage leben, sehen wir nur die Glanzmomente der anderen – und denken, mit uns stimme etwas nicht.
Gleichzeitig passiert noch etwas anderes. Subtil, aber nicht weniger gefährlich: Unsere Zeit wird still und leise aufgefressen. Scrollen, klicken, weiterziehen. Und plötzlich ist eine halbe Stunde vergangen. Eine Stunde, die wir eigentlich nutzen wollten. Für Kreativität, für Ausdruck, für Gedanken. Doch sie ist weg – und sie kommt nicht zurück.
2. Vom Druck zur Lähmung
Kreativität braucht Freiheit. Sie entsteht nicht unter Druck oder in der ständigen Angst, nicht gut genug zu sein. Doch genau das passiert, wenn wir uns im Vergleich verlieren: Wir setzen uns unter Druck, schneller, besser, perfekter zu sein und blockieren dabei den freien Fluss unserer Ideen.
Statt inspiriert zu sein, fühlen wir uns getrieben. Statt aus Freude zu erschaffen, produzieren wir aus dem Gefühl heraus, mithalten zu müssen. Und wenn wir dann den eigenen Ansprüchen oder den vermeintlichen Erwartungen der anderen nicht gerecht werden, kommen Selbstzweifel. Wir beginnen zu zögern. Die Kreativität versiegt.
Hinzu kommt: Die Momente, in denen wir kreativ sein könnten, werden überlagert von Ablenkung. Wir greifen reflexartig zum Handy und was als „kurzer Check“ beginnt, endet oft in einem Sog, der uns von uns selbst entfernt. Die eigentliche Idee ist weg. Der Impuls verpufft. Und zurück bleibt ein leeres Gefühl.
Exkurs: Was Sucht wirklich bedeutet – und warum Social Media so süchtig macht
Viele denken bei „Sucht“ an Alkohol, Zigaretten oder Drogen. Doch Sucht beginnt oft viel subtiler und sie hat immer mit Verlust von Kontrolle zu tun. Es geht um den Drang, etwas tun zu müssen, obwohl es uns nicht guttut.
Im Gehirn spielt dabei das Belohnungssystem eine zentrale Rolle. Jedes Mal, wenn wir Likes bekommen, neue Inhalte sehen oder eine Nachricht erhalten, wird Dopamin ausgeschüttet. Ein Neurotransmitter, der für Lust und Motivation sorgt. Unser Gehirn merkt sich das und will mehr davon.
So entstehen Gewohnheiten, die wie Schleifen funktionieren. Wir greifen zum Handy. Nicht, weil wir wirklich etwas suchen, sondern weil wir auf ein gutes Gefühl hoffen. Dieser Reflex wird mit der Zeit automatisiert. Und wie bei jeder anderen Sucht auch, braucht es Bewusstsein und Unterbrechung, um auszusteigen.
3. Wieder bei sich selbst ankommen
Doch es gibt Wege zurück. Zurück zur eigenen Stimme, zum eigenen Rhythmus, zur eigenen schöpferischen Kraft.
Für mich beginnt dieser Weg mit Bewusstsein. Bewusstsein darüber, wie ich meine Zeit verbringe. Bewusstsein darüber, wie ich mich nach dem Konsum von Social Media fühle. Bewusstsein darüber, was mir gut tut und was nicht.
Ein Digital Detox kann ein kraftvoller Schritt sein: für ein paar Tage das Handy weglegen, Apps löschen, den Algorithmus stumm schalten. Plötzlich entsteht Raum. Raum für Langeweile. Und genau dort beginnt oft die Kreativität. Denn Kreativität braucht Leere. Stille. Zeit.
Auch ein bewussterer Medienkonsum hilft: Wen folge ich? Inspiriert mich der Content wirklich – oder triggert er mich? Welche Impulse bringen mich weiter. Und welche lähmen mich?
Und vor allem: Traue ich meinem eigenen Rhythmus noch? Oder glaube ich, ständig schneller, lauter, sichtbarer sein zu müssen?
4. Mein persönlicher Umgang damit
Ich schreibe diesen Text nicht aus der Distanz. Ich kenne diese Dynamik sehr gut. Bei mir war es allerdings weniger das Vergleichen mit anderen. Vielmehr war es die Erkenntnis, dass mir Social Media wertvolle Lebenszeit entzieht. Besonders kreative Zeit. Ich wollte schreiben, gestalten, entwickeln. Doch stattdessen verlor ich mich oft in belanglosem Konsum. Ich ließ mich ablenken, statt mich zu verbinden.
Ich habe mich schon seit Jahren mit dem Thema Sucht beschäftigt. Auch mit meinen eigenen. Ich habe vor über 20 Jahren das Rauchen aufgegeben und vor drei Jahren entschieden, keinen Alkohol mehr zu trinken. Beides waren Prozesse, die mir gezeigt haben: Veränderung ist möglich, wenn wir wirklich hinschauen.
So sehe ich auch Social Media. Es ist kein „böses“ Werkzeug . Aber eines, das Aufmerksamkeit frisst, wenn wir es unbewusst benutzen. Und genau wie bei anderen Suchtmustern geht es auch hier um Selbstverantwortung. Ich habe angefangen, meine Zeit anders zu nutzen. Bewusster, klarer, kreativer. Ich schreibe wieder. Bin kreativ. Ich bin draußen. Ich bin mehr bei mir.
Es geht mir nicht um Verzicht, sondern um Befreiung.
Schlusswort
Wenn wir aufhören, uns ständig mit anderen zu messen oder gedankenlos nach dem nächsten Kick zu greifen, entsteht Raum. Raum für Echtheit, für neue Gedanken, für kreative Freiheit. Vielleicht ist es an der Zeit, uns öfter nach innen zu wenden statt nach aussen zu schauen. Nicht, weil wir die Welt da draussen ignorieren sollten, sondern weil wir sonst vergessen, wer wir selbst eigentlich sind.
Unsere Zeit ist endlich. Unsere Aufmerksamkeit ist wertvoll. Und unsere Kreativität verdient mehr Raum als das endlose Scrollen.